Solidarität braucht Raum – Der Gentrifizierung in Marburg den Kampf ansagen!
Viel zu hohe und weiter steigende Mieten, Verdrängung von Menschen und
Einrichtungen, Leerstand, Kulturräume sind bedroht oder müssen schließen – Gentrifizierung ist in Marburg ein Problem und ein Ende dieser Entwicklung ist noch nicht in Sicht.
Immer mehr Wohnungen verkommen zu reinen Renditeobjekten, wodurch die Mieten höher werden und sich die Lage auf dem Marburger Wohnungsmarkt immer weiter verschärft. Dadurch werden große Gruppen von Menschen, deren Einkommen nicht ausreicht, aus der Stadt verdrängt. Hiermit geht einher, dass diese Personengruppen kaum noch am sozialen und kulturellen Leben der Stadt teilhaben können. Deshalb hat der Mangel an bezahlbarem Wohnraum eine Verschärfung der Auseinandersetzung um gesellschaftliche Teilhabe zur Folge. Diese Verdrängungsprozesse sind nicht erst seit den Kämpfen um das Biegeneck ein Problem, doch die Kommunalpolitik geht in großen Teilen dieses Problem einfach nicht an. Obwohl der Wohnungsmarkt so angespannt ist, existieren zur Zeit ca. 100 Zimmer, die als privatvermietete Ferienapartments auf Plattformen wie “AirBnB” angeboten werden. Diese Wohnungen sind dauerhaft dem Markt entzogen und liegen vor allem in der Kernstadt. Höhere Gewinne durch Tourismus sind den EigentümerInnen wichtiger als den Menschen, die in Marburg leben, zentrumsnahen und bezahlbaren Wohnraum zu bieten. ImmobilienmaklerInnen haben in der Oberhessischen Presse verlauten lassen, dass Leerstand in der Kernstadt in “größerem Ausmaß” vorhanden und ein Problem ist – und das schon seit Jahren. Wohnungen, Stockwerke, Häuser und sogar ganze Häuserblocks stehen in Marburg leer, obwohl es genug Bedarf nach Wohnraum gibt.
WohnungseigentümerInnen gehen sogar so weit, den Leerstand zu kaschieren, indem sie die Fenster der Wohnungen so drapieren, dass sie bewohnt aussehen. Aber die Einführung eines Leerstandskatasters, bei dem VermieterInnen auf dem freien Wohnungsmarkt leerstehende Wohnungen melden müssen, hat die Stadtregierung abgelehnt, so kann Leerstand weiterhin versteckt werden.
Eine ähnliche Tatenlosigkeit der Stadtregierung lässt sich auch beim Leerstand von Geschäften in der Oberstadt beobachten. Im Jahr 2017 behauptete Oberbürgermeister Thomas Spieß noch, dass dieser Leerstand kein Problem sei, obwohl sich diese Entwicklung bereits andeutete. Während 2015 ein Geschäft leer stand, waren es Anfang diesen Jahres 18 Geschäfte. Die Leerstandsproblematik lässt sich nicht mehr leugnen!
Es steht fest, dass es für eine solidarische Stadtgesellschaft Kulturräume braucht. Deren Existenz wird in Marburg jedoch massiv bedroht: Das Café Trauma im G- Werk und das Theater am Turm können ihren Betrieb nicht wie gewohnt fortsetzen, sollte der angrenzende Parkplatz tatsächlich wie geplant an die „Pohl- Stiftung“ zur Errichtung eines privaten und hochpreisigen Seniorenheims verkauft werden. Auch der Szene-Club “Till Dawn”, als einer der letzten seiner Art in Marburg, musste erst kürzlich schließen, nachdem das Gelände als Baugebiet rentabel verkauft wurde. Hier wird der Bedarf nach Wohnraum gegen Kulturräume ausgespielt, obwohl beides in einer Stadtgesellschaft wichtig ist. In diesem Zusammenhang ist auch der „Wagenplatz Gleis X“ zu nennen, dessen Grundstück im letzten Jahr gekündigt wurde. Neben dem Unwillen alternative Wohnformen in Marburg zu zu lassen, der hier zu Tage tritt, ist dadurch ein weiterer kultureller und sozialer Raum bedroht. Auch die Schließung des Oberstadt-Kinos reiht sich ein in die Orte für eine lebendigen Zivilgesellschaft in Marburg fehlen.
Wichtig in diesem Zusammenhang zu benennen ist der Verlust des „Havanna Acht“ im Zuge dessen es am 08.05.19 es zu einer Großrazzia in Marburg kam. Es wurden 21 Geschäftsräume und Wohnungen durchsucht und zwei Geschäftsleute von Immobilienfirmen festgenommen. Die „Oberhessische Presse“ berichtete, dass sie in der Zeit von 2015 bis 2019 Immobilien untereinander verkauft hätten, um den Preis illegal bis zu 400% hochzutreiben, darunter auch die letzte Kollektiv Kneipe Marburgs, das „Havanna Acht“. Doch die Namen der Unternehmen wurden dabei nicht erwähnt. Wir finden es wichtig diese zu benennen: DEMA AG (ehemals Sciolla Investment GMBH) und Luigs Real Estate. Vier Jahre lang konnten sie hier in Marburg wüten: Mieter*innen wurden rausgeschmissen und weitere Geschäfte mussten schließen. Kurz, die Lebensgrundlage unzähliger Menschen wurde zerstört.
Um diesen Zuständen etwas entgegen zu setzen haben wir das ehemalige „Havanna Acht“ besetzt. Wir wollen somit der überfälligen Enteignung und Kollektivierung der Dema AG und Co. beginnen. Wir wollen einen Ort schaffen der Treffen, Austausch und Organisation gegen die sich zuspitzenden menschenverachtenden Verhältnisse ermöglicht. Das Lahntor 2 soll dafür ein Anfang sein.
Ihr seid alle eingeladen vorbei zu kommen, euch auszutauschen und einzubringen.